Am äußersten Zipfel von Pembrokeshire gelegen, ist St. David’s die westlichste Stadt von Wales. Es ist ein kleine Stadt. genau genommen bietet sich sogar der Begriff „klitzeklein“ an.
Wenn man am Ortseingangsschild nicht rechtzeitig bremst, hat man das Ortsausgangsschild schon wieder hinter sich. Hoppla! Wo ist die Stadt? Und wo ist die Kathedrale, die so berühmt sein soll. Sollte man diese nicht schon von Weitem sehen? Ich katapultiere mich mit einem gewagten Wendulin wieder zwischen die beiden Ortsschilder und bremse auf der zentralen Kreuzung, die offensichtlich auch den Markt darstellt. Der Inhalt verschiedener Craftmarkets quillt auf die Strasse, Gemüseladenbetreiberinnen streicheln ihre Möhren und ordnen den Grünkohl neu und aus einem Schnellimbiss dampfende ätherische Fisch-und-Chips-Dämpfe laden zum Inhalieren ein. (Naja, nicht wirklich.) Eine schmale Straße zweigt von der Kreuzung ab. Vorhin war die noch nicht da. Ich rolle bergab, vorbei an kleinen Reihenhäusern und finde mich auf einem gut besuchten Parkplatz wieder, der unmittelbar an die walisische Wildnis grenzt, in einem Tal namens Vallis Rosina das vom Alun durchflossen wird.
Die Kathedrale habe ich noch immer nicht gesehen. An einer hohen Feldsteinmauer entlang wandernd, gelange ich zu einem schmalen Tor. Dahinter überrascht mich unvermittelt ein ungewohntes Bild. Während im allgemeinen Kirchen und Kathedralen zum Himmel weisen, auf Bergen thronen und die Kirchtürme bemüht sind Löcher in die Wolken zu pieksen, hockt die St. David’s Cathedral im Tal wie ein frierendes Kücken in seinem Nest. Vor der Kirche hebt sich ein Hügel zur Straße hoch, so grün, wie es nur die Wiesen auf der Insel sein können, hübsch garniert mit ein paar Gräbern. Der Blick hinunter auf die Kathedrale läßt sie kleiner erscheinen, als sie in Wirklichkeit ist, denn eigentlich ist sie gewaltig. Von außen wirkt sie eher schlicht. Der Turm hockt als wuchtiger Steinklotz über dem Kirchenschiff, ein Vierungsturm, eher dem einer Burg ähnlich, die eine lange Belagerung standzuhalten hat, als ein Finger, der Gottes Hand kitzeln will.
Nachdem man den Turm gesehen hat, wundert es kaum, das die Pfeiler im Innern der Seitenschiffe schräg nach außen stehen, als hielten sie der Last, die auf sie drückt nur noch unter Protest stand. Viele Skulpturen erkenne ich im Innern, weiß sie aber, ob meines laienhaft entwickelten Kirchengeschichtswissen nicht zu deuten. Etwas sprachlos werde ich angesichts der geschnitzten Holzdecke. Ein Faltblatt erklärt mir, das alles aus irischer Eiche besteht und etwa im 15. Jahrhundert geschnitzt wurde.
Unmittelbar vor dem Hochaltar befindet sich ein Grab. Es gehört Edmund Tudor, dem Begründer der Tudor-Dynastie, die so berühmte Namen wie Heinrich den VIII. und Königin Elisabeth I. hervorbrachte. Herr Tudor hat ein schönes Grab und kann hier schon seit etlich Jahren ganz in Ruhe Tod sein.
Ein Schrein in der Nähe soll die Gebeine des walisischen Nationalheiligen St.David beherrbergen. Wenigstens manchmal. Aber eigentlich liegen sie in einer Holztruhe in der Dreifaltigkeitskapelle. Ob es die echten Gebeine sind ist fraglich, aber an ganz besonders wichtigen Feiertagen werden sie schon mal in den Schrein geräumt. Von ewiger Ruhe kann da kaum die Rede sein. Doch den heiligen David wird das kaum stören, war er doch eh ein umtriebiger Missionar, der den Walisern das Christentum verpasste. In Wales wird er so verehrt, wie der heilige Patrick bei den Iren. Da er angeblich in einer stürmischen Nacht auf dem St. David’s Head geboren worden sein soll, der damals mit Sicherheit noch nicht so hieß, wollten seine Verehrer dort, oder wenigsten in der Nähe eine Kirche haben. Schließlich wollte ein Bischof dorthin und die Kirche zu einer Pilgerstätte machen. Da Bischöfe aber nicht auf dem Dorf residieren, bekam St. David’s das Stadtrecht. Viele Bewohner sind seit dem nicht dazu gekommen. Mit 1500 Einwohner ist es die kleinste Stadt von Wales.
St.Davids – die kleinste Stadt von Wales
