Uffizien
Später Nachmittag. Erkennbar an den Mopeds, deren Geknatter nun häufiger zwischen den Häuserwänden hin und her hallt, als noch am Morgen, dem Gehupe der Autos und dem Spielstand auf der digitalen Uhr. Es steht 17:20. Ich versuche meine müde gelaufenen Knochen auf dem breiten Hotelbett wieder in nutzbare Werkzeuge zurecht zu ruhen. Das Hotelbett sollte zu diesem Zwecke der geeignetste Ort sein, den man sich auf einer Städtereise denken kann.
Mein Blick fängt sich an zwei putteligen Engeln, die gelangweilt auf einer Marmortheke lümmelnd in ihrem Rahmen über dem Kopfende hängen. Ich frage mich, wie es zu dieser weithin üblichen Innenaustattungssitte gekommen ist, über dem Kopfende Ruhesuchender Gemäldereproduktionen aufzuhängen.
Wann immer ich mich bisher in einem Schlafzimmer aufhielt, dessen Inneneinrichtung mich mehr interessierte, als der Grund, der mich überhaupt hinein gebracht hatte, war es die Auswahl des Bildmotivs, die mir den deutlichsten Hinweis auf den Geschmack des jeweiligen Einwohners oder Einrichters lieferte. Allerdings macht mich das Betrachten von Gemälden, ob ich sie bereits über Betten hängend gesehen habe oder nicht, immer etwas schläfrig. Meine Geduld in Kunstsammlungen ist dort deshalb ebenso begrenzt, wie meine Konzentration. Das früheste Schlafzimmerbildnis, das sich meines Kopfes unauslöschlich bemächtigte und noch heute zum Gähnen zwingt, war der klassische Hirsch, der auf einem Wandteppich festgewebt tonlos vor sich hin röhrte. „Leg dich hin, Kind. Dreh dich zur Wand und Schlaf.“ sagte meine Oma zur Mittagsschlafzeit. Später begleitete er mich als Umhängetasche bei allerhand müden Demos. Meine Großeltern West besaßen ein Gemälde eines italienischen Straßenmalers. Neapel mit Vesuv. weiterlesen …