"Man sitzt insgesamt zu wenig am Meer"
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Ajaccio
Ajaccio ist für korsische Verhältnisse eine Großstadt. Hier sitzt die Verwaltung, hier landen die Kreuzfahrtschiffe an, hier tanzt das korsische Schwein. Es ist ein großes Getummel in der Stadt, denn es ist Samstag. Heute entlässt nicht nur die Costa Atlantico die Kreuzfahrer zum Besuch in die Stadt, heute landen auch die Fähren, die die Festlandsbewohner zum Bettenwechsel in oder aus den touristischen Hochburgen austauschen. Zudem ist es sommerlich warm und in der zentralen Hauptfußgängerzone ist Markt.
Die Stadt quillt also über vor Leuten. Und alle sind gleichermaßen erstaunt darüber, welche Bedeutung im Stadtbild Napoleon hat.
Napoleon Bonaparte ist in Ajaccio zur Welt gekommen und kaum hatte er den Ort in Richtung Frankreich verlassen, fand er kaum noch ein gutes Wort über seine Heimat. Napoleon wird allerdings in Frankreich nach wie vor verehrt. Auch auf Korsika, wo man mit seinem Namen eine Menge Kohle machen kann. Bistros, Einkaufsmeilen, Strände, Plätze, Museen, vielfältig sind die Möglichkeiten der Vermarktung. Man kann Eis kaufen, das Napoleon heißt. Ob es auch ein Schnitzel gibt, dass seinen Namen trägt, weiß ich nicht. Aber es gibt ein Grand Café Napoleon auf dem Cours Napoleon gleich neben dem Mobilfunkgeschäft Napoleon. Die Boutique Napoleon verkauft Tineff mit dem Konterfei des Kriegstreibers.
Wir schlendern am Hafen vorbei, bei dem ich davon ausgehe, dass er genau wie der Flughafen der Stadt nach dem zu kurz geratenen Wichtigtuer benannt wurde. Aber nein. Hier bewies der Ort doch mal Geschmack. Der Hafen heißt Port Tino Rossi.
Tino Rossi war ein Sänger und Schauspieler, der ebenfalls in Ajaccio geboren wurde. Viele Jahre sang er die Herzen der französischen Damenwelt weich. “Tintin”, wie ihn die Einwohner Ajaccios nennen, starb 1983 und gilt als der Künstler mit den meisten in Frankreich verkauften Platten. Er liegt in Ajaccio begraben. Im Gegensatz zu Napoleon ist bei diesem Künstler die Verehrung durch die Korsen echt.
Wir drängeln uns den Markt entlang. Es ist hauptsächlich ein Markt für Nahrungsmittel, Gemüse, Fleisch, Fisch. Alles sehr lecker, aber, da wir heute nach Toulon übersetzen und dann noch ein paar Tage unterwegs sind, ist es kaum angebracht ein paar frisch umgebrachte Meerestiere in den warmen Kofferraum zu legen.
Das mediterrane Treiben der Stadt macht ein bisschen schwerelos. Wir treiben dahin und müssen uns schließlich daran erinnern, dass unsere Fähre bald ablegt. Langsam verabschieden wir uns von der Insel. Das fällt ein wenig schwer, den Korsika ist ein Erlebnis, von dem wir kaum genug bekommen können.
Doch schließlich stellen wir uns auf dem Parkplatz des Fährhafens hinter die bereits wartenden Autos und garen bis zur Abfahrt in der Sonne...