Das Schlosshotel Lübbenau

Und beim Schlosshotel Lübbenau kann man wirklich nicht meckern.
Das Schlosshotel Lübbenau schmückt sich mit vier Sternen. Wie breit gefächert die Qualität innerhalb des Vier Sterne Fensters ist, erstaunt mich immer wieder. Häuser, die freundlich und sauber sind, mit unaufdringlicher Zuvorkommenheit glänzen und außerdem Charme und Stil besitzen, tragen diese Sterne zurecht. Andere Häuser, die ich besuchte und die ebenfalls mit ihren vier Sternen angeben, kommen dagegen nicht über den Charme einer Neubauklitsche mit maroder Heizung und maroder Arbeitsmoral der Angestellten hinaus.
Im Schlosshotel Lübbenau stimmt dagegen beinahe alles. Es glänzt im aristokratischen Stil des Adelsgeschlechts, das hier einst lebte. Schlossherren waren und sind wieder die Grafen von Lynar. Die von Lynars waren einst als Baumeister in der nördlichen Toskana ansässig. Irgendwie sind sie in die Region des Spreewaldes gekommen, wo sie schließlich heimisch wurden und sich ein herrschaftliches und damit standesgemäßes Schloss hinstellten. Das Schoss besteht aus einem enormen Treppenhaus und zwei im stumpfen Winkel auseinander driftende Flügel. Zahlreiche Lynars lebten hier über die Jahrhunderte und hängen in Öl eingelegt als Schinken an den Wänden. Der letzte bekannte Lynar hieß Wilhelm Graf zu Lynar und gehörte zur Schar der Adligen um von Stauffenberg, die 1944 das Attentat auf Hitler vergeigten. Ein Teil der Planungen zur Diktatorenbeseitigung fanden im Schloss Lübbenau statt. Nach dem misslungenen Attentat enteigneten die Nazis das Schloss, um dort eine Außenstelle des Reichsluftwaffenministeriums unter zu bringen. Nach dem Krieg machte das Schloss die tragische Karriere vieler Adelshäuser im Osten durch. Da wo einst Edle Holzmöbel protzten, gammelten nun Resopaltische rum. Pflegeheim, Kinderheim, Mütterheim hießen die Zwischenstationen, dann wurden die Örtlichkeiten vernachlässigt und kamen so herunter, dass die Ortswirtschaft um den Lübbenauer Bürgermeister den Abriss beschloss, um an dieser Stelle einen wichtigen Punkt für die Kindesertüchtigung zu gestalten: einen sozialistischen Rodelberg. Eine brillante Idee im schneesicheren Brandenburg. Zähflüssige Bürokratie und der Bedarf an Schulungszentren verschonte das Schloss vor der Zerstörung. Nach dem Mauerfall konnten die Erben derer von Lynar das Schloss zurück erwerben, denn die Enteignung fand im Dritten Reich statt und nicht in der DDR. Ein Rechtsfakt, der kaum Spielraum offen ließ. Die Lynars renovierten das Schloss von Grund auf und bauten es zu einem piekfeinen Vier-Sterne Hotel um. Orangerie und Marstall und die Alte Kanzlei gehören heute dazu.

Die Orangerie ist heute mit gehobener Gastronomie besetzt. Im Marstall befinden sich ebenfalls Apartments, die barrierefrei erreichbar sind. Die Alte Kanzlei soll zum Schlossmuseum werden. Als Ort der Entspannung und gehobenen Unterbringung ist das Schloss also kein übler Ort.
Der Eingang des Hotels befindet sich auf der Hofseite. Als ich ihn betreten will, posieren acht schick zurecht gemachte Menschen vor der Tür. Ein junges Paar und drei Paare gehobeneren Alters. Umflattert werden sie von einer Fotografin, die ein Blumengebinde von Frau zu Frau reicht, um sie dann mit dem jeweiligen Partner zu fotografieren. Ich erbitte mir Durchtrittserlaubnis und stehe vor einer riesigen Holztür deren Türklinken sich etwas oberhalb meiner Stirn befinden. Ich komme gerade so ran und frage mich, wie man auf die Idee kommt, Türklinken auf dieser Höhe zu postieren. Sind die Hausherren früher hier mit dem Pferd rein?
Direkt hinter dem Eingang empfangen freundliche Rezeptionisten den Gast. Das Einchecken geht zügig und ist informativ genug, dass fürs Erste keine Fragen offen bleiben. Auch wenn ein Fahrstuhl angeboten wird, benutzen wir die große Holztreppe, die die Breite des Turmhauses vollständig einnimmt. Die großen Fenster reichen vom Erdgeschoss bis unters Dach und wirken wie aus einem Stück. Selbst an den grauesten Tagen ist das Treppenhaus hell. An den Wänden hängen große Porträts der Schlossherren und -damen, die sich hier einst zu Hause fühlten. Das alte Holz der Treppen stöhnt unter den Schritten, wie jemand, der das schon sehr lange aushält. In den Fluren, die zu den einzelnen Zimmern führen, schmücken Schwarz-Weiss-Fotos aus den frühen Dreißiger Jahren die Wände. Abgebildet sind meist Gebäude auf dem Schlossgelände und Szenen aus dem täglichen Leben. Damalige Angestellte des Schlosses sind beim Arbeiten und bei Pausen zu sehen. Auch typische Spreewaldfeierlichkeiten, in denen die sorbischen Trachten eine Rolle spielen, kann man betrachten. Am Ende der Zimmerflucht steht ein riesiger Blumenstrauß unter dem Fenster. Alles wirkt hell und sauber.
Unser Zimmer besteht aus zwei geschmackvoll eingerichteten Räumen und einer Nasszelle. Das Bad ist sehr klein. Ein Manko. Ich bin nicht sehr groß und auch noch nicht besonders ausladend. Aber gewichtigere Leute als ich dürften sich schwer aus der Nische zwischen Klopapierrollenhalter und Dusche wieder heraushieven können, wenn sie sich auf dem Toilettensitz erstmal eingeklemmt haben. Der Rest der Suite ist allerdings angenehm. Das Schlafzimmer ist funktionell und wirkt nicht beengend. Der zweite Raum, eine Art kleiner Salon besitzt eine Couch, die in ihrer Form auch in den frühen Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts hätte hier stehen können. Das gleiche gilt für zwei kleine Sessel und einen Couchtisch. Die Minibar ist gut bestückt, der Fernseher modern, aber uninteressant für mich. Am anderen Ende des Zimmers steht ein ausreichend großer Schreibtisch, der vor einem großen Spiegel steht. Hier könnte sich ein eitler Autor prima beim Schreiben beobachten und am Ende nichts zustande bringen. Der Vorteil ist allerdings, das der Spiegel genau gegenüber der Fenster steht und das Tageslicht auf den Schreibtisch reflektiert. Es ist bei Tage ausreichend hell im Raum. Die Fenster sind hoch, doppelflüglich und gehen zum Hof hinaus. Ich kann von hier oben auf die Orangerie sehen, den großen Spreefließ am Hafen erkennen und die enorme Erfolge der Maulwurfszucht auf der Wiese vor dem Hotel bewundern.
Diese und den ganzen Schlossgarten will ich mal genauer in Augenschein nehmen, solange es hell ist, bevor ich weitere Annehmlichkeiten des Schlosses, wie die Gewölbesauna, das Restaurant und die Bar besuchen werde.