Der Himmelfahrtstag in Cassis ist natürlich nicht gerade ein Tag der Abgeschiedenheit. Ein Geschiebe und Gedrängel entlang des Hafens ist also nicht verwunderlich und wir entscheiden uns schnell in einer kleine Terrassenbar unterzuschlüpfen, die wir bereits zehn Jahr zuvor besuchten. Es ist die Bar der Boule- und Petanquespieler auf dem zentralen Bouleplatz in der Nähe des Hafens. Heute ist sie noch immer so eingerichtet, wie vor zehn Jahren. Ein paar Hollywoodstars hängen noch immer als Portrait an den Wänden und auf dem großen LED-Bildschirm im Laden läuft immer noch Pferdesport. Vielleicht sogar mit den selben Pferden.
Die Bedienung ist freundlich, aber angesichts der vielen schnell wechselnden Gäste etwas genervt.
In meiner Blickrichtung, direkt am Ausgang sitzen zwei junge Hühner. Eines davon muss sich permanent das Blondhaar aus dem Gesicht adrett nach hinten schieben oder kunstvoll darin herumzausen. Beide blicken unentwegt ins Smartphone und zeigen sich gegenseitig wichtige Instagrammeinträge. Die Sonnenbrille wird wahlweise auf den Kopf geschoben und dann wieder aufgesetzt. Manchmal auch mit dem Bügel versuchsweise intellektuell in eine Mundfalte geschoben, worauf hin jeweils das gegenüberliegende Huhn ein Photo macht. Irgendwann stehen die beiden auf und verschwinden in Richtung Strand.
Den Hafen von Cassis ziert ein kleiner Leuchtturm. Um ihn herum ist eine kleine Mauer errichtet, die gut als Sitzbank dient. Eine ganze Weile bleiben wir dort im Schatten des Turms und schauen stumm aufs Meer.
Am Ende landen wir wieder in der kleinen Bar direkt vor unserem Hotel. Der große freundliche Glatzkopf mit den vielen Tätowierungen hat seinen Laden im Griff und sein Kollege mit dem grünen Wischlappen in der Gesäßtasche springt von der Bar zum Pizzaofen in Lichtgeschwindigkeit. Die Pizza ist durchaus schmackhaft, wenn auch leicht angebrannt oder besser extrem knusprig. Von der Bar läuft in angenehmer Lautstärke nicht allzu nervige Musik. Leute kommen, Leute gehen. Ältere Menschen und junge quietschfiedele Russinnen wechseln die Plätze. Eine Gruppe von vier jungen Männer feiert Herrentag, in dem sie sich in kurzer Folge mehrere Pastis liefern lassen. Sie wirken fröhlich, ausgelassen, aber keineswegs wie eine alkoholisierte Männergruppe, wie ich sie in Berlin um diese Uhrzeit an diesem Tag mit schöner Regelmäßigkeit wahrnehme.
Die Musik der Bar und eine angenehme unaufdringlicher Fröhlichkeit können wir noch bis ca. 1:00 Uhr von unserem Balkon miterleben. Dann dreht die Bar etwas leiser und die Nacht in unserem Hotelzimmer wird eine erholsame.
