

Unsere Unterkunft liegt relativ weit oben am Berg in Albori, eines der Pui belle Dörfer von Italien. Dreihundert Meter Wanderweg müssen wir laufen, bevor wir überhaupt im Ort sind. Dann nochmal eineinhalb Kilometer bis in den Nachbarort Raito hinab, in dem es Fahrkarten, Brot und Obst gibt, wenn die kleinen Läden geneigt sind, offen zu haben, was morgens ist und dann noch mal am späteren Nachmittag – allerdings nicht am Montag. Ich bin am Montag morgen unterwegs, fahre mit dem Fahrrad die rasante Abfahrt ins Dorf hinab. Im Bäckerlädchen gibt es noch drei süße Kekse, sonst liegt auf den Blechen noch etwas herabgestreuselter Zucker und eine Zange. Der Obstladen hat kein Brot und das Alimentarilädchen, der hiesige Tante Emma Laden hat montagmorgens zu. Also fahre ich ohne Brot und ohne Frühstück wieder hoch um Haus, was angesichts der Steigung von manchmal 13% schweißtreibend und nicht sehr erquicklich ist. Oben, am Parkplatz, auf dem unser Auto steht, gibt es einen kleinen Brunnen, der frisches Trinkwasser ausspuckt. Neben dem Brunnen wurde eine kleine Tonkachel in den Boden eingelassen, auf der steht, wer diesen Brunnen gestiftet und aufgebaut hat. Es ist die Radsportgemeinschaft Fausto Coppi e.V., die hier für Glanztaten sorgte. Auch die nahe gelegene Bushaltestelle neben der Bruscheteria ist von Fausto Coppis Jüngern gestaltet worden. Für die weniger Radsportbegeisterten sei erwähnt, dass Fausto Coppi einer der erfolgreichste Radrennfahrer der Geschichte ist. Fünfmal gewann er den Giro d’Italia, dreimal die Tour de France. Drei Mal wurde er Weltmeister. Neben Gino Bartali gehört er zu den großen Helden der italienischen Radsportgeschichte.
Das Haus ist klein, in dem wir wohnen. Doch es reicht für zwei Personen. Eine winzige Küche, Wohnstube mit Tisch und Schlafzimmer mit Bad. Rund um das Haus ist eine gepflasterte Terrasse. Holzgeländer verhindern den Absturz in das tiefer liegenden Nachbargrundstück. Wie alle Häuser, Gärten und Grundstücke ist auch dieses an den Berg geklebt worden, obwohl das bei diesen Hängen physikalisch eigentlich nicht möglich ist. Über unserem Haus führt der Wanderweg entlang, der auch gern von kleinen Motorrädern mit Ladefläche frequentiert wird. Darüber befindet sich ein Weinberg. Der Besitzer pflegt ihn intensiv. Morgens schreddert er überflüssiges Laub und Gewächs mit einer Motorsense vom Gesträuch, das dabei in alle Richtungen schleudert, auch auf das mit Bambusrohr gedeckte Dach unserer Terrasse. Da kennt Freddi nix. Außer Freddi belästigen uns noch Mücken auf der Terrasse. Und die verstehen ihr Handwerk. Aber Holla. Wahrscheinlich ist der Abfluss der Außendusche ein angenehmer Brutplatz für die Mistviecher.

Weniger lästig, als vielmehr wunderschön ist die Menge an weniger bissigen Insekten und Reptilien auf der Terrasse. Zahlreiche Geckos turnen auf den Geländern herum oder sitzen wie Gummidinos im Spielzimmer eines fünfjährigen auf dem Fußboden. Nur das man sie weder umschubsen, noch zwischen zwei Finger einklemmen und mit einem lauten “Buuoooaarrrch” auf den Hamster loslassen kann.
Vor der Terrasse hat sich ein kleiner Forst aus Feigenbäumen und lindenähnlichen Bäumen aufgetürmt. Die Sicht zum Meer ist dadurch verstellt. Aber am Rand des Grundstückes, von einer Wiese aus, sehen wir das Tal steil abfallen und dahinter das blaue Wasser des Golfes von Salerno.
Fernsehen gibt es auch. Allerdings nur italienische Kanäle und die auch noch mit schlechtem Empfang. Das erspart uns die Fußball-WM des Jahres 2018, die gerade stattfindet. Großes Public Viewing wird es hier in Italien auch nicht geben, da sich der einstige Weltmeister von 2006 in diesem Jahr gar nicht erst qualifiziert hat. Also dieses Jahr kein lautes “Azzurro” im Geiste Paolo Contes.
