Wie viele hunderttausende Westdeutsche zog es auch meine Großeltern in den ausklingenden Wirtschaftswunderjahren in der Urlaubszeit nach Italien. Sie packten erst den Gogo, später den Käfer so voll es ging und rollerten über die Alpen hin in das Land, wo die Zitronen blühen, im Kopf die Italienschlager der bis heute wunderbaren Caterina Valente. Manchmal schickten sie Ansichtskarten in den Osten, wo wir Empfänger dann “Oohs und Aahs” von uns gaben und manchmal auch ein “Scheiß Osten – kannste nich hin”. Ich versuchte, bessere Details aus den Ansichtskarten zu beziehen und betrachtete sie mit einer Lupe. Ganz dicht, damit der Rand und auch das “Gruß aus … ” nicht zu sehen war, vertiefte ich mich und dachte manchmal tatsächlich, so in diese Gegend einzutauchen. Es gab auch eine Ansichtskarte von der Amalfiküste. Später gab‘s auch Fotos, noch später erbten wir von den Großeltern ein Bild, dass sie in Süditalien erworben hatten, das Gemälde eines Straßenmalers, der einen Blick über einen kleinen Segelhafen zum wolkenverhangenen Vesuv verewigte. Ein Bild mit der Idylle eines ruhigen Fischerhafens, wie er auch in den Sechzigern schon illusorisch gewesen sein dürfte.
Als dann endlich die Reisefreiheit auch den Ostdeutschen heimsuchte, standen allerhand andere Ziele zur Auswahl. Die Amalfiküste lag nicht unbedingt ganz vorn. So schön, wie sie landschaftlich sein dürfte, hatte sie den Ruf, dass sich dort Freunde des tonverarbeitenden Kunstgewerbes in beigefarbenen Hosen tummelten, die alle so alt waren, wie meine Großeltern damals. Gern würde ich dort einmal hinfahren, aber erst, wenn ich im gesetzteren Alter wäre, vielleicht so alt, wie meine Großeltern in den Sechzigern.
Jetzt ist es also so weit.
Ein Foto im Gepäck, mit dem Aquarell, das in meinem Schlafzimmer hängt, soll es in diesem Jahr bis südlich von Neapel gehen, dort wo der gefährlichste Vulkan der Erde auf einen neuen Ausbruch hinschnarcht, wo die Mafia regiert und der Müll überläuft. Ein bisschen südlicher am Golf von Salerno liegt die pittoreske Amalfiküste, an der sich die Dörfer die Berge hinaufdrängeln und hoffen, von den Regengüssen, die gelegentlich das dünne Erdreich von den Hängen spülen, nicht hinab gerissen zu werden. Die letzten Jahrhunderte ging das – mit ein paar Abstrichen – alles ganz gut. Das Foto mit dem Aquarell möchte ich mit der Landschaft vergleichen, die ich vorfinde und vielleicht bekomme ich eine Ahnung, von dem Moment, in dem das Motiv für die Malerei Modell stand.
Ansonsten sollen die Italiener ja ganz gut kochen – zumindest viel. Der Rest wird erlebt und mit etwas Esprit beschrieben werden. Falls das Internet mitspielt und die Lust am Schreiben nicht dem Dolce far Niente zum Opfer fällt, kann man ein paar Momente hier im Blog miterleben. Im Gepäck ist übrigens noch eine Autobiografie von Caterina Valente und die eine oder andere Melodie aus ihrem Leben. Also: “Komm ein bisschen mit nach Italien, komm ein bisschen mit ans Blaue Meer … .«
Komm ein bisschen mit nach Italien …
