"Ein Korse allein bringt es durchaus zu einem exzellenten General;
zwei Korsen gründen eine Partei,
aber drei Korsen bilden umgehend einen Chor."
------------Korsisches Sprichwort
St. Florent
Hat man die etwas wanzigen Dörfer und Gemeinden der östlichen Strandregionen Korsikas erstmal hinter sich gelassen, fährt man durch kurven- und bergreiches Land, das weitestgehend unbewohnt und auch unbewirtschaftet scheint. Von Bastia kommend schrauben wir uns entlang der letzten vergessenen Gehöfte durch eine geröllhaltige Landschaft, in der sich bestenfalls die Macchia ausbreitet. Der Himmel ist blau, die Berge kontrastrieren in grauen Felstönen oder mit grüngelb bewachsenem Pelz. Ginster sticht immer wieder vor. Selten mal, dass ein Tier über die Felsen huscht. Lange zeigt sich kein Ort. Und dann sehen wir einen, der klebt am Berg, wie Wachs einer heruntergebrannten Kerze. Oletta heißt die Gemeinde. Wir fahren durch den Ort durch, an kompliziert zu bebauenenden Weinhängen entlang.
Unser Ziel heißt St. Florent und befindet sich auf der anderen Seite einer Halbinsel im Norden der Insel. Nebbio nennt sich der Landstrich und sticht wie ein ausgestreckter Mittelfinger ins Meer Richtung Frankreich.
Der quirlige Sommerort St. Florent besitzt einen kleinen feinen Segelhafen. Zahlreiche Bistros und Gaststätten laden zum Herumsitzen ein, jedes zweite Kind trägt ein Eis in der Hand. Das Wasser schimmert wunderschön blau und türkis, die Berge steigen rundherum in beachtliche Höhen. Es riecht nach Sonnenöl und frisch geröstetem Kaffee. Wir nehmen das Angebot an - das mit dem Herumsitzen. Nahe des kleinen Hafens schauen wir erholt in den Sommertag und genießen den Moment.

Ein schweres Motorrad brummt heran, röhrt noch einmal kurz auf und verstummt dann. Zwei schwarze Gestalten in Leder sitzen auf der Maschine. Zuerst steigt der Vordermann ab und hilft dem Sozius galant vom Sattel. Langsam entfernen beide Fahrer ihre Helme. Der Sozius ist eine Frau, die sich ihr rot gefärbtes Haar sortiert. Der Mann schiebt seine grauen Strähnen nach hinten. Die Lederjacken werden ausgezogen, auch die Lederhosen verschwinden. So steht nach drei Minuten ein älteres Ehepaar - er in Jeans und buntem Hemd, sie in hellem Kostüm neben dem Kraftrad. Der Mann schiebt seine Sonnenbrille zurecht. Die Frau öffnet den Käfig, der sich auf dem Gepäckträger befindet. Kläffend hopst ein Spitz heraus, den sie noch schnell anleint. Ein rüstiges älteres Paar mit Hund und Sonnenhut spaziert durch die attraktive Fußgängerzone des Ortes.
Wir streifen auch ein wenig umher. Kaufen Ansichtskarten und Sonnenhüte, schauen uns die alten Häuser an und landen schließlich an einer alten Zitadelle. Mit tosenden Wellen rennt das Meer die noch immer wehrhaft trutzigen Mauern an. Es hat aufgefrischt. Das geht hier schnell. Noch ist der Himmel blau, auch wenn sich über den Gipfeln der Berge bereits die Wolken auftürmen.
Wir verlassen St.Florent in Richtung Norden.
Nach wenigen Kilometern erreichen wir die nächste Attraktion der Halbinsel. Dabei handelt es sich um den schwarzen Strand von Nonzo. Nonzo selbst ist kleiner Ort mit knapp 80 Einwohnern und in der Saison hunderten durcheilender Touristen. Eine schmale Durchgangsstraße teilt den Flecken. Schmale Durchgangsstraßen sollte man eigentlich frei halten, denke ich mir. Aber Tourismusveranstalter denken anders. Reisebusse voller Besucher, die den schwarzen Strand sehen wollen, rummeln am Straßenrand rum. Mangels Alternativen stellen wir uns dazu und laufen zu einer kleinen Anhöhe.

Von dort aus haben wir einen guten Blick auf diese Eigenartigkeit. Keiner liegt dort unten am Wasser mit Badetuch und Sonnenbrille herum. Es ist einfach nur ein großer leerer Strand in graugrünem Farbton. Ich tippe zunächst auf Lavagestein. Aber mit ein bisschen Recherche erfahre ich, dass der Kies die Farbe bekommen hat, weil in den dreißiger Jahren in der Nähe eine Asbestmine angelegt wurde. Bis in die sechziger Jahre war sie aktiv. Der ausgewaschene Abraum hinterließ diese Farbe. In älteren Reiseführern wird noch von einer Gesundheitsgefährdung beim Baden an diesem Strand gesprochen. Neuere Untersuchungen tourismusbegleitender Behörden geben allerdings Unbedenklichkeitsempfehlungen aus. Gefährlich bleibt der Strand trotzdem, da er bei Westwind von kräftigen Wellen und Brechern überrollt wird. Wir machen ein paar Fotos, bevor uns eine lärmende Touristengruppe von unserem Standort verscheucht.
Ich erinnere mich, diesen Strand bereits auf einem Plattencover der korsischen Polyphoniegruppe I Muvrini gesehen zu haben. Deren CDs stehen in den Souvenirshops in ausreichender Menge in den Auslagen herum.
Wir fahren noch ein bisschen durch die Gegend, finden einen einladenden Strand mit hellem Sand, der gut besucht ist. Das Wasser ist angenehm warm und flach. Danach zuckeln wir zurück und stauen uns an der Küstenstraße nach Süden bis nach Moriani-Plage, wo wir auf dem Parkplatz an der Pizzeria anhalten. Wir gehen noch einmal kurz baden, um den Schweiß vom langen Stau abzuspülen. Dann setzen wir uns in die Pizzeria, um jeweils eine Pizza in Form der korsischen Geografie zu verspeisen. Ich nehme mir die Halbinsel vor Kap Corse zuerst vor. Da wo Nonza sein müsste, steckt eine schwarze Olive.