Elsass – Herbst 2015 – Fahrtenschreiber

20. September 2015

Bewohntes Mittelalter.
Eguisheim ist ein beschaulicher Weinort am Rande der Vogesen. Ein mittelalterlicher Stadtkern, geprägt von Handwerk und Winzertum liegt innerhalb einer alten Stadtmauer, die man im 17. Jh. zu Wohnzwecken umgebaut hat. Der Tourismussektor funktioniert hier gut. Authentische Restaurants, elsässische Schnick-Schnack-Läden, die vor allem das Herz japanischer Touristen höher schlagen lässt. Alles allerliebst.

Blick vom Weinberg oberhalb von Eguisheim herab in die Rheinebene und hinüber zum Kaiserstuhl. Dahinter die Schatten des Schwarzwaldes. Schöne Wander- und Radfahrstrecke am Fuße der Vogesen.

Nachdem die Touristen aus dem elsässischen Disneyland weggekarrt wurden, herrscht wieder beschauliche Ruhe im tausendjährigen Eguisheim am Fuße der Vogesen.

21. September 2015

Morgenstimmung im bewohnten Mittelalter.
Alles noch leer und still. Lediglich Tauben und Katzen kreuzen meinen Weg zum Bäcker.

Wenn man nicht von amerikanischen Touristen aus ihrem Fotomotiv gebrüllt wird (der Herr rechts) ist Eguisheim am Montag recht verschlafen. Das Mittelalter hat Ruhetag. Acht von 10 Restaurants haben zu. Der Bäcker ebenfalls. Der wurde ersetzt von einem müden Zeitungsladen, der mit verkohlten Croissants warb. Der Rummel des Sonntags fand am Montag nicht statt. Die Einwohner des Ortes pflückten sich eifrig in den Weinbergen die Hände wund. Wir probieren den Riesling vom letzten Jahr. Der ist gut. Dieses Jahr war sonniger und wärmer. Es sollte ein sehr guter Jahrgang werden.

21. September 2015

In Eguisheim stand zunächst nur Burg. Die hiesige Festung und Kirche wurde einem Mann gewidmet, der hier geboren wurde und später als Papst Leo IX. in die Geschichte einging. Tausende Kirchenmänner sind heute noch sauer auf ihn, weil er das Zölibat eingeführt hat.

22. September 2015

Verregnetes Mittelalter.
Den Tag über ging es wettermäßig. Mit dem Rad bei Gegenwind über die Rheinebene, durch meterhohe Maisfelder und durch Neuf Briesach, einer alten Garnisonsstadt mit Zitadelle. Und schon waren wir weit genug im Osten, um plötzlich im Westen von Deutschland zu sein. Seltsames Gefühl mit dem Rad den Rhein zu überqueren.
Jetzt zurück im mittelalterlichen Eguisheim schreiten die Touristen mit Schirmen über das Kopfsteinpflaster und die Katzen verziehen sich in trockene Keller.

23. September 2015

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Das Touristenaufkommen in dem kleinen mittelalterlichen Kaff, in dem wir wie in einer Kuckucksuhr wohnen, ist über den Tag betrachtet erstaunlich. Japaner, die mit Stakkato fotografieren, alte Amerikaner im Harley Dress und russisch sprechende Frauen, die den Bildschirmen ihrer Tablets folgen. Gefolgt von etwas älteren Herren in Golfpullovern, die laut und deutsch über Immobilienpreise in denkmalgeschützten Orten, wie Eguisheim schwadronieren. (Wahrscheinlich die Besitzer der voranschreitenden Tabletträgerinnen.) Wann immer ich aus dem Fenster unserer Puppenstube schaue, gerate ich in den Fokus einer Kamera. Und überall auf der Welt meckern die Betrachter darüber, was denn das Mondgesicht auf ihren Urlaubsbildern zu suchen hat.

24. September 2015

Nachts ist der Eguisheim besonders beschaulich, weil abgesehen von uns weitgehend touristenfrei.

Gesendet von meinem Hosentaschenfernsprechapparat.

Eguisheim im Elsass. Originalansicht nach Weinverkostung.

25. September 2015

Blick von den drei Schlössern hinab nach Eguisheim und hinüber in den Schwarzwald.

Erinnert irgendwie an einen Ferienlagerstreich. Wirkt aber effizienter.

20. September 2015

Wer behauptet, in den Elsass zu reisen der schönen Landschaft wegen, sagt nur die halbe Wahrheit. Zander auf Sauerkraut mit Meeresfrüchten in Eguisheim im Restaurant Heuhaus.

Flammkuchen mit Munsterkäse. Riecht, wie es aussieht und schmeckt hervorragend.

Fisch und Geflügel im Spießmix mit Basilikumsoße. Extravagant, schmackhaft und sehr übersichtlich. Dazu Spinat in Blätterteig und ein Pinot Gris. Es kann einem deutlich schlechter gehen.

Die Winzer bringen ihre Ernte ein und für uns gibt es ein letztens elsässisches Herbstbier vor der Heimfahrt.

21. September 2015

Das ist der Lac Blanc, also die Vogesenvariante des Weissen Sees. Nur ohne die urbanen Penner vom Berliner Gewässer gleichen Namens. Hier liegt auch weniger Müll rum. Idyllischer See im Gebirge. Vier Kilometer weiter findet sich der Lac Noir und noch etwas weiter der Lac Vert. Alle sehr schön eingebettet in die grünen Berge der Vogesen.

24. September 2015

Im Elsass ist natürlich der Grande Guerre allgegenwärtig. Auf den Wettstein, einem Berg, der sich mit dem Rad mit guter Müh erklimmen lässt, befindet sich dieser Kriegerfriedhof. Keine zwei Kilometer entfernt hatten sich die feindlich gesinnten Linien lange eingegraben.

Gesendet von meinem Hosentaschenfernsprechapparat.

23. September 2015

Auch in Colmar hat man Storchennester an die unmöglichsten Stellen geklebt. Glücklicherweise sind die Vögel einigermaßen schwindelfrei.

Gesendet von meinem Hosentaschenfernsprechapparat.

Colmar.
Die Stadt besitzt genug, um sich drin wohl zu fühlen. Bistros mit gemütlichen Ecken und einem Fernseher, in dem der Papst Barack Obama traf. Ein paar Kleinkünstler, die recht billig betteln. (Dastehende Künstler, die für Geld lächeln und Danke sagen, was der halbwegs erzogene Mensch eigentlich gratis macht). Große Kirchen und Denkmäler für Künstler, wie hier das Denkmal für Onkel Hansi, der als Maler geehrt wird.
Und eine FNAC-Filiale, in der die CD-Abteilung inzwischen eine sehr überschaubare Größe besitzt.
Und einen Hyper-U, eine Art Kaufland, der einen bei all den lukullischen Spezialitäten, die man in Frankreich so einsacken kann, schnell sehr arm machen kann. Das Hyper steht sicher für Hyperventilieren.