Böhmen zum Stöhnen

Schöner Kotzen mit Holiday-Reisen

"Das ist Wahnsinn! Warum schickst Du mich in die Hölle? Hölle! Hölle!"
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Wolfgang Petri

Februar 1996

 

Schnee.
Das hatte mir der Reiseanbieter versprochen. Mehr noch. Garantiert hatte er es mir. Und wer bin ich denn, einer Reiseanzeige in einem Fachmagazin, wie dem Kaufland Angebotsblättchen, zu misstrauen. Da kann man ja gleich anfangen, die Zeitungsnachrichten in Zweifel zu ziehen.
Morgens zum Reiseantritt fängt es auch tatsächlich an zu schneien. Also in der Art, wie es in Städten wie Berlin so schneit. Es fitzelt etwas. Genug, um in Kindern die Illusion zu erzeugen, den Nachmittag auf dem Schlitten zu verbringen, und einen schlappen Hügel hinunter zu rauschen, der nach der zweiten Abfahrt nur noch aus bremsenden, braunen Sand besteht.
Wann war ich das letzte Mal durch weißen, knirschenden Schnee geglitten, habe die Welt im schlitternden Geschwindigkeitsrausch an mir vorbei fliegen sehen, mich glühweinbetankt im Skilift auf eisige Höhen schaukeln lassen oder dampfend das Wort Grog in den Schnee gepinkelt?
Ich kann Ihnen sagen wann: „Nie!“

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Hiddensee

"Hoch stand der Sanddorn am Strand von Hiddensee..."
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Nina Hagen

Hiddensee

Juni 2020

“Nur noch 20 Personen. Und keine Fahrräder!”, schnarrte es über den Bordlautsprecher der Fähre “Wappen von Breege” auf die am Hafen stehenden Fahrgäste herab. Meine Herzdame und ich stehen mit weiteren 100 hoffnungsfrohen Reisewilligen am possierlichen Yachthafen von Vieregge. Hier am Jasmunder Bodden auf Rügen macht die Fähre vom Urlaubsort Breege Zwischenhalt auf ihrem Weg nach Hiddensee. Normalerweise nimmt sie die Fahrgäste auf, die sich auf dieser Seite des Boddens entschlossen haben, für ein paar Stunden oder Tage auf die kleine verträumte Insel vor Rügen zu türmen.
Nur was ist zu diesem Zeitpunkt schon normal. Es ist die erste Woche nach dem ersten großen Coronalockdown 2020. Alle wollen endlich wieder raus an die Luft. Niemanden hält es mehr in der Enge der gemeinsamen Wohnungen oder der Einsamkeit der Einfamilienhäuser.
Die Schüler dürfen immer noch nicht in die Schule. Die Erwachsenen sind platt von lauter Homeoffice und Homeschooling. Und die Rentner wollen auch mal wieder was anderes sehen, als “Brisant”.
Meine Herzdame und ich machen zwei Wochen Urlaub in Neuenkirchen, einem kleinen, abgelegenen Ort dicht hinter dem Bodden. Wir hatten an diesem herrlichen sonnigen Wochentag im Frühsommer die goldige Idee, nach Hiddensee zu fahren. Wie andere offensichtlich auch.

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Strandleben in Südschweden

Falsterbo

Die meisten Zugvögel verlassen Schweden via Falsterbo. Die kleine Halbinsel nahe Malmö ist ein beliebter Ort für die südwärts ziehenden Tiere. Hier tanken sie noch einmal auf, nach der beschwerlichen Anreise, bevor sie das Meer überqueren.
Wir wollen Schweden ebenfalls verlassen. Die Fähre wartet in Trelleborg, aber erst um Mitternacht. Die Reise aus dem mittleren Norden des Landes über die schwedischen Autobahnen und Landstraßen war anstrengend. Wir halten am frühen Nachmittag in Falsterbo, das nicht weit von Trelleborg entfernt ist, um etwas Ruhe zu finden, bevor wir in der Nacht die Fähre übers Meer nutzen, um spätestens morgen Mittag wieder zu Hause zu sein.
Die Sonne spielt heute richtig Sommer. Wir lassen die Fenster des Autos runter und verlassen die Fernstraße. Malmö umfuhren wir weiträumig. Jetzt sehen wir links der Landstraße saftiges Marschland. Rechts zieht sich ein schmaler Waldstreifen entlang, durch den vereinzelt ein paar schmale Wege führen. Am Straßenrand erinnern mich Schilder mit abgebildeten Kameras daran, die Geschwindigkeit zu drosseln. An einem Kreisverkehr biegen wir nach Falsterbo ab, lassen die Einfahrt zum Campingressort hinter uns und halten schließlich auf einen langgezogenen sandigen Parkplatz, der gut frequentiert ist.

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Olivenbrei und Jodelei – Elsass Oktober 2021

" „Holleri du dödl di, diri diri dudl dö.“"
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Loriot (Jodeldiplom)

“Das Städtchen Kufstein” ist ein Volksschlager aus Österreich, den man sicher nicht auf einem Weinfest im Elsass erwartet. Trotzdem scheint er hier in Eguisheim, am Rande der elsässischen Weinstraße sehr beliebt zu sein. Denn bereits vor vier Jahren, als meine Herzdame und ich das letzte Mal hier weilten, wurde er auf dem hiesigen Marktplatz ebenfalls bereits mitgeschunkelt. Auch in diesem Jahr, im Oktober 2021, gehört er zu den Highlights des singenden Mostermeisters mit seiner Heimorgel, der bei der Kulturplanung des diesjährigen Winzerfestes im örtlichen Vereinslokal, den kürzesten Streichholz gezogen hat. So sitzt er jetzt trocken unter einer Festzeltplane, bei alkoholfreiem Selbstgemosteten und beweist sein musikalisches Talent in einer Art Miniplaybackshow, bestehend aus programmierbarer Heimorgel und einer stimmlichen Ausdrucksfähigkeit, die man nur mit genügend Selbstvertrauen als breit gefächert bezeichnen kann. Selbst für einen herzzerreißend misslungenen Jodler ist er sich nicht zu fein.
Das mit Absperrgittern umzogene Festgelände, bestehend aus 30 Biertischgarnituren und einem Ausschank für Weißwein und Obstmost, ist gut gefüllt. Es ist gerade Mittagszeit und der gesellige Tanzschwof, der zum Fest dazu gehört, war entweder gestern, wird heute Nachmittag erneut ausgelebt oder ist, wegen der noch immer anhaltenden Pandemiebeschränkungen ganz untersagt. Im Moment sind das Gemurmel der Gäste und die Heimorgel des Jodelexperten die bestimmenden Hintergrundgeräusche. Einlass zum Festgelände gibt es nur mit gültigem Impfzertifikat.

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Ein Herrenhaus und Tausend Seen

"Ärzte können ihre Fehler begraben, aber ein Architekt kann seinen Kunden nur raten, Efeu zu pflanzen."
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George Sands

 

Juni 2019

Wir verlassen den Süden, lassen den Luberon mit einem Bedauern hinter uns. Die Autobahn führt uns an Orange vorbei. Rechterhand müsste der Mont Ventoux in den Himmel ragen, was er sicher auch hinter der Wolkendecke tut. Leider kann ich mich nicht mit sehnsüchtigem Blick von ihm verabschieden. Nur konstantes Grau legt sich über die Landschaft. Links ziehen sich die Weinfelder der Domain Chateauneuf du Pape entlang. Es ist in guten Jahren einer der Spitzenweine Frankreichs und das schon seit Jahrhunderten. Erstaunlich, dass dieser edle Tropfen so unbeeindruckt von der Nähe des fließenden Autoverkehrs auf der Route du Sud gedeiht. Nach wenigen Minuten verschwinden jedoch auch die Weinstöcke aus der Aussicht und es geht weiter nach Norden. Die Strecke ist manchmal abwechslungsreich, manchmal langweilig und zwischendurch sogar recht aufregend. Die langen Autobahnabschnitte, die wir zwischen den verschiedenen Mautstationen durchqueren, lassen sich mit einer fast konstanten Geschwindigkeit von 130 km/h durchqueren. Geschwindigkeitsbegrenzung bedeutet nicht zwangsläufig gebremstes Vorwärtskommen. Es sei denn, eine Großstadt versperrt einen den Weg. Wir müssen durch Lyon und es ist Rushhour. Ist es eigentlich immer, wenn wir an der Rhone entlang durch diese von der Straße aus gesehen ziemlich hässliche Stadt fahren. Doch, im allgemeinen Stopp and Go erblicke ich die Silhouette der Altstadt. Über deren farbenfrohen Häuserfassaden, die vom Fluss widergespiegelt werden, stechen hell leuchtend die Türme einer Kathedrale in den sommerblauen Himmel. Dieser kurze Augenblick versöhnt mich mit der Stunde, die ich mich mit dem Durschlängeln von Tunneln und Autobahnkreuzen plage, bis schließlich die spürbaren Verkehrsauswirkungen dieser riesigen Stadt im Herzen des Landes abebben. Eine Weile bleibt die Strecke noch eben und abwechslungsarm. Dann verlassen wir die Autobahn und wenden uns Richtung Vogesen, wo uns im südlichen Teil dieses hübschen Landesteils für zwei Tage eine Unterkunft in einem Herrenhaus erwartet.

Den Vorinformationen zufolge ist das Haus ein bisschen Chic.

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Unter dem blauen Himmel der Provence

"Beeile Dich nicht! Sonst verpasst Du alles."
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Peter Mayle

 

Vielleicht gibt es auch anderen Ortes schöne und faszinierende Himmelsfarben. Doch hier in der Provence besitzt er ein Blau, das mich immer wieder fasziniert. Manchmal macht dann die Hitze zu schaffen. Oder der Wind. Der Mistral, der durchs Rhonetal fegt und über den Ventoux streichend in die Provence einfällt, reinigt den Himmel. Er ist kalt und besitzt Geschwindigkeiten, die, wie der Provencale sagt, "einem Esel die Ohren vom Kopf fegt". Und das bekommt man ganz besonders an den Bergflanken des Luberon zu spüren.

Das tut der Schönheit dieses Landstriches keinen Abbruch. Wollen Sie wissen warum?

Dann folgen Sie mir:

Luberon
St.Martin de Castillon 
Ein Steinhaus in St.Martin
Radfahren im Vaucluse

 

Radfahren im Luberon

Für Freunde der schweißtreibenden Selbstbestätigung bietet die Provence und besonders das Vaucluse ein reichhaltiges Feld für allerlei Versuche seine Grenzen auszuloten.
Während meine Herzdame das Radfahren besonders dann liebt, wenn eine leicht abschüssige Ebene zwischen blühenden Raps- oder noch besser Lavendelfeldern zu bewältigen ist, wächst mir ein leicht abwesendes Grinsen im Gesicht, wenn ich einen längeren Anstieg vor mir weiß. Ich empfinde es nicht als Qual, sondern als eine fast meditative Form des Ausdauersports. Tempo ist dabei nicht so wichtig, aber ankommen, das will ich schon. Die Herzdame jedoch begann bisher bei 3 Prozent Steigung bereits grantig zu werden. Alles über 5 Prozent war eine persönliche Beleidigung. Sie schimpfte wie ein Rohrspatz über den Kackberg. Mittlerweile fährt sie elektrisch und zwitschert wie ein Vögelchen, während sie entspannt an mir vorbei den Anstieg hinauf radelt und sich an einer Landschaft freuen kann, die sie vorher vor Anstrengung nicht wahrnehmen konnte. Ich atme mich derweilen laut und gleichmäßig die Steigung hinauf und folge einem inneren Mantra, das begleitet wird von der steigenden Frequenz der Schweißtropfen, die von meiner Radmütze tropfen.

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Ein Steinhaus in St. Martin

Das Haus, in dem wir für ein paar Tage wohnen dürfen, steht wenige Meter von der Dorfkirche entfernt an einer Ecke. Man muss einen steilen Anstieg voller ungleichmäßiger Stufen hinauf, um bis zur Tür zu gelangen. Das alte Steinhaus ist wie die meisten Häuser eher hoch, als breit. Stufen steigen ist selbst dann angesagt, wenn man nur in den Keller will. Das Haus selber besitzt drei Etagen. Im Erdgeschoß befindet sich ein dunkles Wohnzimmer mit großem Esstisch, einem alten Kamin und einem kleinen Nebenraum, in dem allerhand Kram lagert, wie rostige Boulekugeln, ein paar Gläser, Vasen und Geschirr. Außerdem steht dort ein Tischchen, dessen Tischplatte aus einem Schachbrett hergestellt wurde. Es ruht neben einem Fenster, das nur mäßig Licht spendet. Ein bequemer Liegestuhl lädt ein, seine ruhigen Minuten zu verbringen.

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St. Martin de Castillon

St. Martin de Castillon liegt etwa 450 Meter hoch. Es ist ein kleines Dorf, das sich an eine Bergflanke schmiegt, direkt gegenüber des Grand Luberon, auf der anderen Seite des Flüsschens Calavon. Alle Häuser sind steinalt und sehen auch so aus. Das liegt an ihrer Bauweise. Es sind Feldsteinhäuser. Selbst neuere Bauten, kleine Anwesen werden kompakt gebaut, manche aus Ziegeln andere aus Beton und am Ende kommt als Verputz eine dicke Schicht Feldsteine aussen ran. So kann man selbst einen Neubau attraktiv machen in einer Gegend, die zu allererst mit dem Charme des Rustikalen angibt.
Da St. Martin ein Bergdorf ist, kann man kaum mit flachen Gehwegen und angenehm befahrbaren Straßen rechnen. Vier kleine Parkplätze besitzt das Dorf, eine etwas breitere befahrbare Straße, die unterhalb des alten Dorfkerns am Ort vorbeizieht und eine weitere die hinauf und dann ins Nachbardorf Caseneuve führt.

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