In Berlin ist es immer noch kalt. Die Eisheiligen haben sich alle Mühe gegeben, Socken und Jacken nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und auch Ende Mai sorgen frische Temperaturen dafür, dass sich der Frühling länger in frischem Grün präsentiert, als im Jahr zuvor, als im Mai bereits die ersten Sonnenbrände mit Langzeitschäden registriert wurden.
Trotzdem wäre Wärme jetzt schön. Deshalb laden meine Herzdame und ich unser altes Automobil voll und fahren Richtung Provence.
Das ist eine recht lange Strecke, die ich wegen der mangelnden Fahrpraxis der lieben Lebensgefährtin allein bewältigen muss. Durchfahren wollen wir nicht. Etwas Zeit für den Weg lassen wir uns, denn der Weg ist bereits ein Teil des Urlaubsziels.
So gondeln wir also an einem Dienstag im späten Mai morgens um sieben durch die Hauptstadt und lassen uns vom frohgelaunten Morgenradio erzählen, wie toll es doch ist, das Union jetzt in der Bundesliga spielt. Kein Thema, dem ich mehr Raum einräumen würde, als eine Kurierschlagzeile Platz bietet. Aber süß ist es schon die Berliner Fußballbegeisterung in O-Ton zu hören: “Ick hab jeheult vor Freude”, “Köpenick hat jetzt Ausnahmezustand. Jetzt wird ne Woche lang gesoffen!”… . Begeisterung, die ich mir fünf Minuten anhöre. Herzlichen Glückwunsch. Für zehn Stunden Fahrt bis in den unteren Elsass reicht die Begeisterung bei mir aber nicht.
Müde von einer Nacht mit schlechtem Schlaf rollen wir über die mäßig gefüllte Autobahn und erleben am ersten Urlaubstag erstmal nicht viel. Abwechslung bieten die Toiletten der Firma Sanifair an den Autobahnraststätten.
“Wir haben alles getan, damit Sie ein rundherum gelungenes Wohlfühlerlebnis haben” säuselt es aus den gekachelten Wänden. Ich stehe am Urinal. Das ist so modern, dass in Sichthöhe des gesenkten Kopfes ein Bildschirm in der Größe eines Tabletts neben der körperlichen auch für geistige Entspannung sorgt. Während untenrum alles läuft, kann ich George Clooney beim Kaffeetrinken seines Segafredogebräus beobachten und ihm geistig in den Becher strullen. Brauche ich Clooney als Urinierhilfe? Bestimmt nicht.
An der nächsten Raststätte versucht mich, die selbstreinigende Toiletten während der Sitzung von der Brille zu zentrifugieren. Ich weiß nicht, ob ich hier falsche Vorstellungen von öffentlichen Toiletten habe. Ich freue ich auf das Hotel, wo der Hygieneraum hoffentlich nicht zur selbstständig denkenden Unterhaltungseinrichtung ausgebildet wurde.