Schweden ist groß. Das begreift man spätestens auf dem Weg von Trelleborg nach Stockholm. Unsere Route führt uns nicht über die Hauptverkehrsstraße, sondern an der Küste entlang durch kleine Dörfer und an zahllosen Campingplätzen vorbei. Tempo 100 ist eine brauchbare Reisegeschwindigkeit auf den kleinen Straßen. Aber in den Dörfern wird gern mal auf 40 km/h runtergeschraubt. Das macht die Reisezeit nicht unbedingt kurzweilig, auch wenn die Landschaft ganz nett ist. Zunächst liegt Nebel auf der Küste. Ein Anblick der aus dem Nebel auftauchende Piratenschiffe illusioniert. Dann wandelt sich das Land, wird hügelig. Kühe, Schafe und Pferde säumen die Straße. Die Häuser ähneln sich in ihrer Farbgebung. Die rostrote Holzschutzfarbe ist typisch für das Land. Schwedenhäuschenstil. Sieht aus wie mein Gartenhaus. Die Schweden scheinen die Farbe direkt aus dem Brunnen zu ziehen, denn beinahe alle Häuser auf dem Land leuchten in diesem Rotton. Vielleicht ist es auch eine Anweisung des Fremdenverkehrsministers, alle Häuser rostrot zu streichen, damit auch Touristen aus Amerika nach mehrmaliger Erklärung erkennen, in welchem Land Europas sie sich befinden.
Im Verlauf der Fahrt tauchen immer wieder Felsenformartionen auf. Steinmassive, die rechts und links der Fahrbahn auftauchen und durch die die Verkehrsplanung die Straßen gesprengt haben. Wald und Wiesen wachsen drumrum und Schilder weisen auf die Gefahr hin, von Elchen angegriffen zu werden. Tatsächlich ist der Elch das gefährlichste Tier Skandinaviens. Während die giftige Kreuzotter kaum zu sehen ist, weil sie vor Angst schnell ins Erdreich flieht, der Braunbär in den letzten einhundert Jahren gerade mal zwei Jäger angegriffen hat und der Wolf Ziegen und Schafe ohnehin lieber hat als Menschen, sorgt der Elch immer wieder für Schlagzeilen, weil er sich blöde aus dem Gebüsch heraus orientierungslos auf den Beifahrersitz vorbeifahrender Autos setzen will. In voller Fahrt. Dreihundert Kilo Elch können ziemlich bremsen.
Ich schau mich also gut um. Son Elch will man schon mal sehen in freier Wildbahn, wenn man schon mal in Skandinavien ist. Auf Wiesen schau ich, durch dunkle Wälder rechts und links der Straße. Aber kein verkackter Elch lässt sich blicken. Schließlich beginne ich vor Ärger über die Abwesenheit des Viehs zu halluzinieren und sehe schließlich doch noch welche: Reitelche, Meckerelche und Milchelche.
Die schwedischen Ortsnamen sind ziemlich albern. Jede Menge Ös und Äs. Um uns die Zeit zu vertreiben, ordnen wir den Ortsnamen Produkte aus der Ikeawelt zu. Der Ort Hölö wird zum Kinderspieltunnel, Sulegang zur innovativen Klobrille.
Nach Stunden auf der Straße, die sich verkehrsmäßig eher ruhig abspulen, fahren wir im Laufe des frühen Abends in den Feierabendverkehr der schwedischen Hauptstadt ein. Und über Stockholm kann man auf den ersten Blick wirklich nicht meckern. Ein beeindruckendes Panorama begrüßt uns von unserem kleinen Hotelboot vor der Södermalm. Doch davon vielleicht morgen mehr.
Schweden Überland
